Mein erstes eigenes Pferd war eine Traberstute, die ich ohne Hufprobleme kaufte. Das sollte sich bald ändern.
Ständig verlor sie ihre Eisen, oft brachen dabei große Teile der Hufwand mit heraus.
Der erste Schmied gab genervt auf, der zweite, der dritte.
Beim Vierten hielten die Eisen dann zwar weitestgehend, aber mittlerweile kostete jedes Eisen mit Widia-Stiften ud Dallmer-Keilplatten ein kleines Vermögen.
Zusätzlich bekam sie flüssiges Biotin gefüttert, um das Hufwachstum zu verbessern. Ihre Mähne und ihr Schweif hätten jedes Shetlandpony vor Neid erblassen lassen, nur am Hufwachstum verbesserte
sich angeblich nichts. Aber Haare sind doch auch Horn?
Als ich später beruflich für ein Jahr nach Berlin musste, verkaufte ich die Stute schweren Herzens, weil ich keine Möglichkeit sah, die Hufe in diesem Zeitraum zuverlässig kontrollieren zu
lassen.
Als ich sie später in ihrem neuen zu Hause besuchte, erlebte ich eine böse Überraschung! Der neue Schmied hielt nichts "von so einem neumodischen Kram" und hatte sie ganz normal, ohne Keile und
Platten, beschlagen.
Vor mir stand ein Pferd mit vollkommen anderen Hufen, es sah aus, als ob man die Hufe getauscht hätte!
Alles, was mir gesagt worden war, was bei diesem Pferd "niemals ginge", hatte sie plötzlich. Unabhängig davon, ob das nun, rückblickend betrachtet, gut oder schlecht war.
Ich konnte es mir nicht erklären.
Als nun Warwing in mein Leben kam, war Winter, und es lag Schnee.
Die ersten Monate lief er problemlos barhuf, erst als das Tauwetter einsetzte, wurde er auf steinigen Böden sehr fühlig, und darum wurde er vorn beschlagen.
Einige Zeit später wurden mir genau die gleichen Dinge gesagt, die ich Jahre zuvor schon einmal gehört hatte:
"Er steht zu flach!" "Er braucht Platten!" "Die Sohle ist zu dünn!" "Er hat schlechtes Hufwachstum!"
Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Natürlich vertraute ich den Fachleuten, aber Eines wußte ich auch ganz genau:
Dieses Drama würde ich mir und meinem Pferd nie wieder antun!
Entgegen der Empfehlungen der Schmiede und zweier Tierärzte, ließ ich Warwing die Eisen abnehmen und stellte ihn erstmal auf eine Wiese.
Dann begann ich, nach Alternativen zu suchen.
Ich fand eine Huforthopädin die nach Biernath und in unserer Gegend arbeitete.
Mit ihr schafften wir die Umstellung zum dauerhaften Barhufer.
Geduldig beantwortete sie meine vielen Fragen und nach und nach begann ich, auch selbst die Raspel anzulegen.
Ich beobachtete Warwings Hufe ganz genau und stellte fest, dass Hufe gar nicht so empfindliche Gebilde sind, wie es einem immer vorgekommen war.
Ein kleines Beispiel: Warwing hat sich einige Male selbst am Kronrand verletzt, so dass hier ein Querriss im Huf entstand, der nach unten wuchs. Kurz bevor diese "Schwachstelle" den Boden
berührte, bildete sich genau an der gleichen Stelle von unten vermehrt Sohlenhorn, und wenn der Riss herausgewachsen war, löste sich dieses Sohlenhorn von ganz allein wieder.
Ich las viel über Barhufbearbeitung und Pferdehaltung.
Es gibt unzählige Fachartikel und Studien, die untersucht haben, wieviel sich unsere domestizierten Pferde in den ihnen gebotenen Haltungsformen bewegen und heraus kam immer: sie bewegen sich zu
wenig.
Die meisten Freizeitpferde befinden sich noch nicht einmal in "leichter Arbeit".
Aber warum brauchen dann so viele Pferde Hufeisen, wenn diese doch den Huf vor zuviel Hornabrieb schützen sollen?
Der wichtige Durchbruch kam für mich, als ich 2016 von Martin Bösel (
www.equipodo.com) hörte und im Oktober einen seiner legendären "Hufkurse für jedermann" bei uns organisierte.
Martin kam, erklärte seine Erkenntnisse und "Methode" und wieder einmal schloß sich für mich ein Kreis.
Die ersten Leute kamen und baten mich um meine Meinung zu den Hufen ihrer Pferde.
Es folgten viele Pferde: Wicky, Sieta, Benita, Loreen, Keops, Mr.Right, Tweety, Havanna, Cristino, Momo, Lina, Fred, Sissi...
Und alle profitierten von der Art, die Hufe so zu trimmen.
Barhufbearbeitung kann jeder lernen, es ist kein "Buch mit sieben Siegeln".
Manchmal braucht es vielleicht ein bißchen Zeit, bis das Wissen "vom Kopf in die Hände" geht, aber wenn man die Hufe seines Pferdes einmal verstanden hat und weiß, worauf man speziell
bei diesem einen Pferd zu achten hat, steht einer erfolgreichen Bearbeitung nichts mehr im Wege.
Es geht mir nicht darum, als Hufbearbeiterin tätig zu sein, vielmehr möchte ich eine Alternative für oftmals verzweifelte Pferdebesitzer aufzeigen, eine Art Hilfe zur Selbsthilfe, die sie mit
mir, oder mit ein bisschen Mut später auch allein, gehen können-
zum Wohle ihres Pferdes.